Ein abwechslungsreicher Konzertabend mit Paul Kowol, Roast Apple und Behle

Dieser Beitrag, verfasst von Karsten Repert, erschien auf www.blick.de:

"Jazzpop-Musiker aus dem Vogtland in Franken umjubelt.
Münchberg/Reichenbach.  Vor fünf Jahren noch lag die Kultur völlig am Boden. Viele Bands verzweifelten im Würgegriff von Corona. Einige starben. Die neue Welt ist nun eine ganz andere. Und das erlebt auch der Münchberger Eventmanager Christian Schmalz. Zur dritten Auflage von "Hör hin" freute sich der 32-Jährige riesig über einen kleinen Besucherrekord. Im neuen Schützenhaus versammelten sich erstmals 100 Musikfreunde zu diesem neuen Veranstaltungsformat. Die hier heranwachsende Kleinkunstszene beweist: "Es geht auch bei uns auf dem Land. Wir brauchen vielleicht etwas länger. Aber wenn unsere Leute dann einmal da sind, bleiben sie dir treu", freute sich auch der Plauener Christian Wenzel, der aus dem Osten gekommen ist, um die Musiker aus dem Süden und dem Norden in den Westen zu holen.

Was macht ein Plauener in Münchberg?
Der Vogtländer Christian Wenzel und der Oberfranke Christian Schmalz kennen sich schon lange. Als das Schützenhaus in Münchberg umgestülpt, modernisiert und neu ausgerichtet wurde, "habe ich sofort an meinen Freund aus Plauen gedacht. Der kennt die richtigen Leute", erzählt Christian Schmalz und fühlt sich bestätigt. Denn die Musikfreunde kommen tatsächlich aus Ost und West hier her. Von Plauen fährt man nur eine halbe Stunde.

Eine Frau aus Münchberg staunt
Erstmals bei diesem kleinen Livefestival am Start war Besucherin Liane Fischer aus Münchberg: "Als ich die Plakate gelesen habe, war ich skeptisch. Weshalb kommen Bands aus Erfurt, München und Hamburg zu uns?" Die Antwort lieferte gleich zu Beginn Isabelle Schieblich mit ihrem Mann Christian. Das Erfurter Duo "Behle" stammt ursprünglich aus Reichenbach und Rotschau im Vogtland "und wir machen Musik, weil sie uns alle verbindet. Dass wir hier als Jazz-Pop-Interpreten zu einer Zugabe aufgefordert wurden, macht uns sehr stolz. Wir fühlen uns hier zu Hause", schwärmte Isabelle.

Rotschau verfolgt am Smartphone das Geschehen in Münchberg mit.
Weil der BLICK.de-Reporter in seinem Status einige Veranstaltungsbilder aus Münchberg veröffentlichte, wurde Susan Hopf (Mädchenname Schink) in Rotschau aufmerksam. "Das ist doch unsere Isa", meldete sich die frühere Klassenkameradin. Die Mädels besuchten zusammen die Grundschule und später auch das Gymnasium. Isabelle freute sich riesig über die lieben Grüße ihrer Freundin, die via Smartphone über die nicht mehr vorhandene Grenze flogen. "Wir singen beim Klassentreffen immer die alten Lieder. Zum Beispiel ‚Alte Schule, altes Haus‘ und sowas", berichtete Isabelle (Mädchenname Galenziok). Eine schöne Geschichte.

Warum heißt eine Band aus Reichenbach/Erfurt "Behle"?
Die älteren Wintersportfans erinnern sich sofort. Skilangläufer Jochen Behle wurde 1980 berühmt, weil er bei den olympischen Winterspielen das 15-Kilometer-Klassement anführte, dann aber einbrach. "Wo ist Behle?" ZDF-Reporter Bruno Moravetz rief in Lake Placid verzweifelt nach dem damals erst 20jährigen Deutschen, der nur Zwölfter wurde, aber zehn Jahre später immerhin Weltcupsieger war, an sechs olympischen Spielen teilnahm und dann zehn Jahre als deutscher Bundestrainer fungierte. Marius Müller Westernhagen schrieb in Anlehnung an diesen legendären Skilangläufer den Titel "Wo ist Behle?" und die kleine Isabelle aus Rotschau bei Reichenbach sang genau dieses Lied mit ihrem Papa am liebsten im Auto. So entstand der Bandname. Der Hesse Jochen Behle lebt inzwischen im Hochsauerland. Isabelle und ihr Christian sind in Erfurt daheim, wo sie keine fünf Minuten von der Krämerbrücke entfernt Gitarrenschüler unterrichten. Übrigens stammt Christian Schieblich ebenso aus Reichenbach. Er ist in der Zenkergasse groß geworden und besucht gerne seine Heimat in der Weinholdstraße.

Die Welt ist ein Dorf.
Im Gespräch berichtet Isabelle: "In bin in meiner Schulzeit mit Severin Zähringer aufgewachsen. Er war auch in unserer Klasse. Severin ist jetzt der Leiter vom Neuberinhaus in Reichenbach. Ich finde, das ist genau die richtige Wahl." Obwohl Christian und Isabelle Schieblich vor zwölf Jahren nach Erfurt gingen, weil sie in der Blumenstadt einfach ihre Musik zum Beruf machen konnten, ist das Ehepaar noch mit Leib und Seele vogtländisch verwurzelt. In Münchberg auf der Bühne dauerte es keine zwei Minuten, als Christian den Oberfranken von der schönen Nachbarregion erzählte. Was kaum jemand weiß: Die drei Freistaaten Bayern, Sachsen und Thüringen haben viele gemeinsame Wurzeln. Der Bayreuther Geschichtswissenschaftler Dr. Adrian Roßner hat dem BLICK-Reporter verraten: "Die A9 ist keine gewöhnliche Autobahn. Als Feldweg wurde sie vor 1.200 Jahren angelegt und seit über 1.000 Jahren ist das unsere gemeinsame DNA. Das gilt auch für ihren Ableger, die A72. Wir gehören wirklich zusammen", hat der Forscher herausgefunden. "Unsere Welt ist also ein Dorf", lacht Christian Schieblich. Aber zurück zur Musik.

Prominente Interpreten.
Sie haben in Münchberg das Publikum mitgerissen: Die Songs von Liedgitarrist Paul Kowol aus München laufen im Radio bei Bayern 3 und die Hamburger Band "Roast Apple" stand schon live im ZDF-Morgenmagazin auf der Bühne. "Die Beatles waren auch zu viert und sind nach Hamburg gezogen", erinnerte sich Liane Fischer, als sie die Geschichte der Indie-Pop-Hanseaten hörte. Vorschau: "Hör hin" gibt es am 22. Mai zum vierten Mal im Schützenhaus in Münchberg. Tickets kosten im Vorverkauf nur 7 Euro. Und dann sind wieder Interpreten aus Ost und West am Start: Steve Schubert (Plauen), Mellenium (Weimar), Annika Dietmann (Senden/Schwaben). Also schon einmal vormerken."

Text: Karsten Repert | www.blick.de (30.03.2025)
Fotos: Karsten Repert und Christian Wenzel (Red Face Project)

Münchberg, 27.03.2025